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Der Anlagensicherheitsreport 2022 des TÜV Verbands hat gezeigt: Weniger als die Hälfte der geprüften Aufzugsanlagen in Deutschland ist frei von Mängeln. Dabei lassen sich erste Anzeichen von Fehlfunktionen mit einer Inaugenscheinnahme schnell und einfach feststellen.

In einem Gebäude machen sich die wenigsten Menschen Gedanken über die Sicherheit eines Aufzugs. Die sorgenfreie Nutzung ist berechtigt, denn der Lift zählt zu den sichersten Transportmitteln. Trotzdem gibt es Einzelfälle. 2021 wiesen etwa 0,7 Prozent der 650.000 geprüften Aufzugsanlagen gefährliche Mängel auf, die behoben werden mussten.

Für den sicheren Betrieb der Aufzüge sind Unternehmen, Hausbesitzer und Verwalter verantwortlich. Doch wie erfahren die Betreiber, welche Vorteile eine Inaugenscheinnahme mit sich bringt – und wo lauern eventuell Fallstricke? Stefan Löbig, Leiter Fördertechnik bei TÜV Hessen bringt im Gespräch Licht ins Dunkel des Aufzugsschachts.

Warum gibt es neben der verpflichtenden, regulären Prüfung eine Inaugenscheinnahme für Aufzugsanlagen?

Stefan Löbig: Die Inaugenscheinnahme ist eine ergänzende Funktionskontrolle, um den sicheren Betrieb von Aufzügen jederzeit zu gewährleisten. Damit ist die regelmäßige Inaugenscheinnahme eine wertvolle Ergänzung zur wiederkehrenden Prüfung. Für Aufzugsbetreiber ist sie eine Pflicht und wird sowohl in den Technischen Regeln für Betriebssicherheit als auch in der Betriebssicherheitsverordnung vorgeschrieben. Viele Risiken für den Benutzer können damit schnell erkannt und Fehlfunktionen ausgebessert werden.

Wie groß ist der Aufwand einer Inaugenscheinnahme?

In den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS 3121) ist der Aufwand genau beschrieben. Zum Umfang der Funktionsprüfung zählt beispielsweise, ob das Licht im Aufzug funktioniert oder Notrufe störungsfrei in der Zentrale ankommen. Selbstverständlich sollte sich auch die Tür an den einzelnen Ausstiegen auf Tastendruck einwandfrei öffnen. Zusätzlich wird die Haltegenauigkeit an den einzelnen Etagen kontrolliert, damit niemand beim Aussteigen stolpert. Das sind eigentlich Selbstverständlichkeiten, aber mit der Zeit kommen bei starker Benutzung kleinere Defekte oder Mängel zum Vorschein. Mit der Inaugenscheinnahme können Betreiber schnell reagieren und die Sicherheit vollumfänglich wiederherstellen.

Wie lange dauert die Kontrolle im Vergleich mit der regulären Aufzugsprüfung?

Der Aufwand vor Ort hängt von der Art der Aufzugsanlage ab, insbesondere von der Förderhöhe und Anzahl der Zugänge der Aufzugsanlagen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Lasten- oder Personenaufzug handelt. Das Prüfintervall richtet sich nach Art und Umfang der Verwendung einer Aufzuganlage. Wird ein Aufzug häufig genutzt, müssen Betreiber häufiger die Inaugenscheinnahme veranlassen. Das Gleiche gilt bei einem hohen Vandalismus-Risiko. Als reine Funktionsprüfung ersetzt die Inaugenscheinnahme allerdings nicht die umfangreiche wiederkehrende Aufzugsprüfung nach Betriebssicherheitsverordnung.

Wie wichtig ist die Dokumentation der Inaugenscheinnahme?

Sehr wichtig. Der Gebäudebetreiber ist für den sicheren Betrieb der Aufzugsanlagen verantwortlich. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass die Aufzüge bestimmungsgemäß betrieben und genutzt werden und hierbei der Gesundheitsschutz der Benutzer gewährleistet ist. Dazu zählt natürlich auch eine entsprechende Dokumentation der regelmäßigen Inaugenscheinnahme, insbesondere um im Schadensfall oder bei einem Unfall als verantwortlicher Betreiber den sicheren Betrieb der Aufzugsanlage nachzuweisen. Deshalb sollten die Ergebnisse der Inaugenscheinnahme sorgfältig dokumentiert werden.

Welchen Vorteil bietet die Inaugenscheinnahme?

Letztlich fördert jede Prüfung einer Anlage die technische Sicherheit – und damit die Sicherheit der Benutzer. Eine zusätzliche Kontrolle macht Aufzüge sicherer. Denn mit der Inaugenscheinnahme können unter anderem Abweichungen vom Normalzustand im Zugangsbereich, bei der Funktion der Fahrkorbtüren und im Fahrkorb schnell erkannt und beseitigt werden. Wenn Arbeitgeber oder Gebäudebetreiber regelmäßig die Inaugenscheinnahme von einer geschulten Person vornehmen lässt, kommen die Verantwortlichen damit ihrer Verpflichtung nach.